Spielsysteme im Basketball

Was ist ein Basketballsystem?

Ein Basketballsystem ist eine fixe Abfolge spezifischer Spielzüge, die die Mannschaft im Training einstudiert und während eines Meisterschaftsspiels einsetzt, um sich einen Vorteil gegenüber der gegnerischen Mannschaft zu verschaffen. Jede Mannschaft verfügt über verschiedene Spielsysteme in unterschiedlichen Variationen, die je nach Gegner und Situation zum Einsatz kommen und während dem Spiel normalerweise vom Point Guard oder Coach angesagt werden.
Mit mannschaftsgerechten Systemen kann man die eigenen Stärken fördern und die Schwächen des Gegners ausnützen. Als eine definierte Abfolge von Bewegungen, die in einer bestimmten Zeit und Reihenfolge ablaufen, schafft sie immer wieder Optionen, um einen Korb zu erzielen.

Gewisse Basketballsysteme haben einen Startpunkt und sind so getimt, dass sie während den zur Verfügung stehenden 24 Sekunden zu einem Ende kommen. Daneben bestehen sogenannte Endlos-Systeme, deren Abläufe sich nach einem bestimmten Zeitpunkt endlos bzw. bis zu einem Korberfolg wiederholen können. Diese Systeme sind sehr beliebt, weil sie beim Zeitfaktor flexibler sind.

Es gibt für fast alle Situationen ein System: ein Einwurfsystem unter dem eigenen Korb, wenn man hart verteidigt wird, ein Einwurfsystem von der Seitenlinie, um in ein System einzusteigen oder zum Korb zu gelangen, ein Einwurfsystem unter dem gegnerischen Korb, um einfach einen Korb zu erzielen. Eine spezielle Variante sind Systeme, die während dem Spiel oder Time-Out vom Coach aufgezeichnet werden (siehe Taktikboard). Systeme werden im Training ständig geübt und über die ganze Saison immer wieder angepasst. Die Repetition der Spielsysteme nimmt im Training zwischen 30-50% ein, ab einer gewissen Saisonphase bis zu 80%.

Es gibt unendlich viele Basketballsysteme und noch mehr Varianten dieser Systeme. Allen ist eigen, dass sie sich immer an die gleichen Prinzipien halten, wie im Kapitel Basketball Geometrie beschrieben. Ich werde diese zugrunde liegenden Prinzipien an drei Spielsystemen mit Mann-Mann-Verteidigung und einem System mit Zonenverteidigung aufzeigen. All diese Systeme verfügen über eine unendliche Rotation.
Mann-Mann- oder Zonenverteidigung

Im Basketball unterscheidet man grundsätzlich zwischen 2 Verteidigungsvarianten:

Bei der Mann-Mann-Verteidigung ist man für einen Gegenspieler zuständig und folgt ihm auf Schritt und Tritt. Dabei versucht man zu verhindern, dass er den Ball bekommt oder zum Korberfolg gelangt.
Der zu verteidigende Gegenspieler ist im Normalfall ein Spieler auf der gleichen Position.

Bei einer Zonenverteidigung oder auch Ball-Raum-Verteidigung wird ein zuvor definierter Raum verteidigt, unabhängig davon, was für ein Gegenspieler sich darin aufhält.
Ich möchte in dieser Arbeit jedoch nicht weiter auf die Verteidigung eingehen, sondern mich auf die Abläufe im Angriffsverhalten konzentrieren.

Visualisierung als Werkzeug

Taktikboard

Basketball funktioniert sehr stark über das Visualisieren von Bewegungen und Abläufen. Die korrekte Darstellung und Verbindung der einzelnen Spielerbewegungen ist für einen Coach erfolgsentscheidend. Er muss seiner Mannschaft die Abläufe auf dem Spielfeld sichtbar machen können, um ihnen deren Zusammenhänge aufzuzeigen und eine Spieltaktik erfolgreich durchzusetzen. Dazu dienen die sogenannten Taktikboards. Sie sind im Training und während dem Spiel ein wichtiges Werkzeug des Coaches.
Taktikboards existieren in fast jeder Sportart, aber in keiner anderen ist es so allgegenwärtig wie im Basketball. Da wird jeder Spielzug nochmals visualisiert und angepasst oder während dem Spiel ein neuer Spielzug entworfen. Jeder Spieler muss sich die Bewegungsabläufe von sich und seinen Teamkollegen im Kopf vorstellen können. In keiner anderen Sportart ist der Einsatz eines visualisierenden Tools so häufig anzutreffen.

Das Taktikboard wird oft verwendet, um den Spielern die Spielzüge ins Gedächtnis zu rufen oder Spielerpositionen, die nicht korrekt sind, zu verbessern. Die Übertragung des Gezeichneten auf das reale Feld ist schliesslich ein Schritt, den jeder Spieler selbst bewerkstelligen muss. Ob er die zweidimensional visualisierten Abläufe letztlich auf dem Spielfeld wieder abrufen und sich danach richten kann, macht seine Qualität aus. Für den Coach wiederum ist es eine hohe Kunst, das Timing des richtigen Laufens auf einem Taktikboad verständlich zu vermitteln.

Video-Spielanalysen

Ein wichtiges Trainings-Werkzeug bildet die Video-Analyse eines Spiels. Gemeinsam mit den Spielern kann damit nachträglich auf die Taktik des Gegners und das eigene Verhalten eingegangen werden. Die traditionelle Analyse findet in der Normalansicht statt – sie erlaubt ein entspanntes Anschauen der Spielsituationen und ist die Aufnahmeart, die man zur Verfügung gestellt bekommt.
Dabei ist es üblich, dass der Coach mit einem Whiteboard-Marker direkt auf den TV oder Flatscreen zeichnet, um mit den Spielern gewisse Szenen zu analysieren.
Hier vermischt sich die klassische Taktikboard-Variante mit moderner Videotechnologie, wobei die Spieler in der Lage sein müssen, sich die Scene in 3D vorstellen zu können. Die Kombination des Videobilds mit dem zeitversetzten Zeichnen ist ein wirkungsvolles Mittel, um auf Feinheiten oder Fehler hinzuweisen. Es ist eine einfache Möglichkeit, verschiedene Spielfacetten aufzuzeigen, ohne die Videoaufnahme im Vorfeld grafisch bearbeiten zu müssen.

Flex

Dieses System ist wohl das meistgespielte auf der Welt. Es besteht in diversen Variationen und wird vor allem im Jugendbereich sehr oft gespielt, weil die Spieler dort auf allen Positionen spielen müssen und noch nicht so stark zwischen den einzelnen Positionen unterschieden wird.

Dieses Spielsystem deckt fast alle Facetten im Angriffsspiel ab: es werden Blöcke gestellt, zum Korb geschnitten und nach jedem Pass ergeben sich mehrere Optionen für einen Korbwurf, von Innenspieler wie auch vom Aussenspieler.
Alle Spieler müssen auf allen Positionen spielen, was gut für die Schulung der Fertigkeiten und des spielerischen Bewusstseins ist. Ein Innenspieler gelangt so auch mal auf die Position eines Aussenspielers, was ein besseres Verständnis für die Aufgaben der anderen Spieler vermittelt.
Dieses System ist auf einem sehr hohen genauso gut wie auf einem sehr niedrigen Niveau spielbar.

T-Game

Dieses System wird oft gespielt, wenn ein Team starke Spieler am Ball hat, die gut zum Korb ziehen können. Der Ball wird auf eine Seite gespielt und der grosse Spieler (4/5) setzt einen Block, damit der Spieler mit dem Ball zum Korb ziehen kann, mit Option zum Pick and Roll.

Falls das nicht funktioniert, wird der Ball von einer Seite der Helpline zu anderen Seite verlagert und dort wird dasselbe versucht, Pick and Roll

Das System ist sehr beliebt, weil es einem Spieler ermöglicht, nach einem Block direkt zum Korb zu gelangen. Wenn der Gegenspieler des blockenden Spielers aushilft, ist der Pass auf den Mitspieler, der zum Korb „rollt“, frei.
Ein anderer Faktor, der für dieses System spricht, ist, dass der Raum optimal ausgenützt wird und der Ball mehrfach von einer Seite der Helpline zur anderen gepasst wird, was das Verteidigen sehr schwer macht. Bei Spielern ist das auch sehr beliebt, weil es die individuelle Stärke der einzelnen Spieler stark forciert.

Horns

Dieses System wird so genannt, weil die grossen Spieler (4/5) für einmal oben an der 3-Punkteline in der Verlängerung der Zone stehen und so der Zone Hörner aufsetzten . Dort stellen sie für den Aufbauspieler einen Block, sodass dieser frei wählen kann, auf welche Seite er sich wendet.
In der nachfolgenden Pick-and-Roll-Bewegung bekommt der Spieler 5nicht direkt den Ball, sondern über den “3-Mann”(der Ball geht zuerst zum Spieler 2/3, der den Ball wiederum zum 5 passt.)
Falls dieser Spielzug nicht gelingt – beispielsweise aufgrund einer zu dichten Verteidigung – wird der Ball über den Spieler 4 von einer Seite zur anderen verlagert, wo wiederum ein Pick and Roll entsteht. Als Option ist auch jeweils der 2 grosse Spieler, der sich immer in die andere Richtung bewegt (High-Low)

Horns gehört zu den klassischen Endlos-Systemen, die auf jeder Stufe gespielt werden können.
Nach dem Einstieg ist es eine Wiederholung des Pick and Rolls auf beiden Seiten mit Fokus auf den Innenspieler mit dem „Pass über den 3- Mann“ und einer sehr guten Spielerrotation.
Alle Spieler sind permanent in Bewegung und der Ball wird oft über die Helpline gepasst was die Verteidigung ihrerseits ständig in Bewegung hält und so Fehler provoziert werden.

Overload gegen Zonenverteidigung

Unter einer Zonenverteidigung versteht man die Verteidigung eines bestimmten Bereichs auf dem Spielfeld. Im Gegensatz zur Mann-Mann-Verteidigung deckt der Spieler bei einer Zonenverteidigung nicht das ganze Spiel über den zugewiesenen Gegenspieler, sondern den jeweiligen Kontrahenten, der sich in seiner zu verteidigenden Zone aufhält.
Die häufigsten Zonenverteidigungen sind 2-1-2, 3-2 , 2-3 oder 1-3-1 – die Zahlenbezeichnungen beziehen sich auf die Positionen der Spieler in der Zonenverteidigung

Im korrespondierenden Angriffssystem wird gegen die Zoneverteidigung aufgestellt: Spielt das gegnerische Team 3-2-Zone (Abb.1), so stellt sich das angreifende Team 2-3 auf, um auf einer Spielfeldseite mit mehr Spielern zum Korb zu drängen. Diese Überzahl (“Overload”) zwingt den raumgebundenen Verteidiger dazu, sich für einen Spieler entscheiden zu müssen, dem er als Verteidiger entgegen tritt. Er kann zwangsläufig nicht alle Spieler in seiner Zone kontrollieren, was den Gang zum Korb für die angreifende Mannschaft enorm erleichtert.

Dieses System schafft diesen Overload mit dem Spieler 3, der ein guter Werfer sein muss, weil der Overload bei einer 2-1-2 oder 3-2 Zone immer in der Ecke frei sein wird, geht der Verteidiger nach aussen wird der Innenspieler (4/5) frei.

Als Nachteil der Zonenverteidigung kann angeführt werden, dass beispielsweise kleine Spieler vermehrt in direkte Begegnungen mit grossen Gegenspieler geraten können, aus denen sie als Verlierer hervorgehen (Mismatch). In der Mann-Mann-Verteidigung kann man hingegen darauf achten, dass jeder Spieler einen Gegner verteidigt, der von der Körpergrösse und Agilität ebenbürtig ist. Andererseits stellt die Zonenverteidigung aber ein sehr gutes taktisches Mittel dar, um den Angreifer aus dem Konzept zu bringen. Im Angriff gegen eine Zonenverteidigung ist es enorm wichtig, dass die Spieler ein gutes Verständnis für den Raum haben und wissen, wo Lücken in der Verteidigung entstehen beziehungsweise wie diese forciert werden können.
Es ist enorm schwierig, ein Team so zu schulen, dass es auf eine gegnerische Zonenverteidigung taktisch reagieren kann. Sind die Spieler mangelhaft auf diese Situation vorbereitet, haben sie beinahe keine Chance, dagegen zu bestehen.

 

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