Spielanalyse

Als Zuschauer ein Spiel zu verfolgen, hat Unterhaltungswert, ist jedoch für eine umfassende Spielanalyse nicht geeignet. Die Irritation, die von anderen Zuschauern ausgeht oder die Nachteile eines fixen Blickwinkels machen eine Analyse sehr schwierig. Selbst ein geübter Basketballprofi kann als Zuschauer niemals alle Abläufe auf dem Feld erfassen. Insbesondere bei komplexen Spielsystemen ist es nötig, sich eine Spielsituation mehrfach anzuschauen, um die Bewegungen jedes Spielers zu analysieren.

Videoaufnahmen

Die Videoanalyse hat sich bei allen Ballteamsportarten als Analysetool weitgehend durchgesetzt und wird von vielen Coaches in verschiedener Art und Weise eingesetzt. Einige studieren damit das gegnerische Spiel und nutzen Videoaufnahmen als reine Matchvorbereitung, andere wiederum fokussieren auf das Spiel der eigenen Mannschaft und ermitteln auf diese Weise deren Verbesserungspotenzial. Wie immer man sie nutzt – die Methodik der Videoanalyse ist aus dem heutigen Teamsport nicht mehr wegzudenken. Durch die Athletik der Spieler und die Geschwindigkeit des Spiels ist es für ein umfassendes Verständnis unabdingbar, auf ein automatisiertes „Auge“ und ein externes, visuelles „Gedächtnis“ zurückgreifen zu können.
Um die analyserelevanten Bewegungen, Abläufe und Details zu erkennen, habe ich verschiedene Blickwinkel getestet, aus denen ich das Spielgeschehen auf dem Spielfeld beobachten und per Videoaufnahmen dokumentieren konnte.
Jede Kameraposition hat ihre Vor- und Nachteile, die je nach Fokus zum Tragen kommen. Es bestehen zwei Faktoren, die aber auf jeden Fall erfüllt werden müssen: die Position der Spieler muss klar erkennbar sein und die Grössenverhältnisse des Feldes dürfen nicht verzerrt werden. Im Idealfall sollte auch die Körpergrösse der Spieler sichtbar sein.

Vor diesem Hintergrund habe ich für mein Projekt folgende Kamerapositionen getestet:
– Normalansicht
– seitliche Teilansicht
– tief unter dem Korb
– hinter dem Brett
– über dem Brett
– über dem Feld
– Vogelperspektive zum Korb

Normalansicht

Unter der Normalansicht versteht man das Filmen von der Mitte des längsseitigen Spielfeldrands aus. Die Kamera ist leicht erhöht und folgt dem Spiel mit einer Schwenkbewegung, die sich meist an der Ballbewegung orientiert.
Diese Art einer Spielaufzeichnung ist weit verbreitet und beispielsweise auch vom Fussball her bekannt. Der Aufwand, so zu Filmmaterial zu kommen, ist nicht sehr hoch.

Zu den Vorteilen zählt, dass es sich hierbei um einen vertrauten Blickwinkel handelt. Es fällt als Zuschauer daher relativ leicht, das Spiel zu verfolgen. Auch, da sich die Kameraposition während des ganzen Spiels nicht ändert. Der Nachteil ist, dass die Distanzen nicht klar erkennbar sind. Das Einsehen spezieller Winkel erforderte einige Übung und eine Grundkenntnis der Spielabläufe.

seitliche Teilansicht

Die Seitenteilansicht ist für die Beobachtung einer Spielhälfte sehr gut. Möchte man beide Spielhälften dokumentieren, sind 2-4 Kameras notwendig.

Als vorteilhaft erweist sich, dass die Kamera nach gewissen Fluchtpunkten wie beispielsweise an der Freiwurflinie, Endlinie oder am Korb ausgerichtet werden kann, was die Orientierung erleichtert.
So lassen sich Distanzen besser einschätzen und Winkel klarer erkennen.
Der Nachteil ist, dass man mit einer Kamera nur einen relativ kleinen Teil des Spielfeldes abdecken kann. Um Informationslücken zu verhindern, die beispielsweise durch im Blickfeld stehende Spieler verursacht werden können, müssen vier gleichzeitig filmende Kameras eingesetzt werden. Dies wiederum bedeutet bei der Auswertung reichlich Mehraufwand ohne zusätzlichen Informationsgewinn.

Unter dem Korb

Diese Perspektive bietet teilweise äusserst spannende Einblicke, ist aber für eine vollumfängliche Spielauswertung nicht geeignet.

Weder ist das Feld überschaubar noch kann man die Distanzen klar einschätzen.

Hinter dem Brett

Diese Kameraposition ist für Actionbilder sehr interessant, aber für eine Auswertung gänzlich ungeeignet.

Über dem Brett

Die Position ist sehr interessant für die Verfolgung der Bewegungen in der Zone.

Um eine bessere Perspektive und eine komplette Sicht über eine Spielfeldseite zu erhalten, wäre eine höhere Kamerapositionierung notwendig. Dies ist in der Schweiz im Normalfall aufgrund fehlender Infrastruktur in den Hallen nicht möglich.
Für eine vollständige Aufzeichnung ist je eine Kamera pro Korb notwendig und ein grosses Manko ist, dass die Grösse der Spieler sehr schwer einschätzbar ist.

Seitlich über dem Feld

Hat die gleichen Vor- und Nachteile wie die Normalansicht, ausser, dass man die Winkel besser einschätzen kann.

Vogelperspektive zum Korb

Für eine Spielanalyse ist das die beste Kameraposition.

Für eine optimale Spielanalyse ist pro Spielfeldseite je eine Kamera notwendig. Der Zusatzaufwand lohnt sich jedoch, da nur diese Perspektive die wichtigsten Positionen, Bewegungen und deren Winkel zum Korb sichtbar macht.
Als weiterer positiver Faktor kann herangezogen werden, dass man die Grösse der Spieler gut abschätzen kann und die Zeitparameter im Blickfeld hat. Diese Perspektive erlaubt zudem einen guten Blick auf die virtuellen Linien (Helpline und die Verlängerung der Freiwurflinie), was notwendig ist, um die Winkel abzuschätzen.

Reflexion

Es spielt eine grosse Rolle, was man an einem Spiel analysieren will. Das „Was“ bestimmt also das „Wie“. Ist es beispielsweise das Ziel, einen Eindruck vom eigenen oder gegnerischen Team zu bekommen, ist eine Normalaufnahme von der Längsseite durchaus genügend. Als Zuschauer wird man diese Perspektive angenehm finden, da die Kamera an einer Position bleibt und wir uns diese Art des Spielschauens gewohnt sind.
Für eine Tiefenanalyse, bei der man das Spiel in die kleinsten Bauteile zerlegt, ist es jedoch entscheidend, dass die Perspektive zum Korb stimmt, sich die Spieler in ihrer Grösse und ihrer Position zum Korb gut einschätzen lassen und auch die Zeitfaktoren, also Spielzeit und Angriffszeit, zu sehen sind.

Passpositionen

Der Pass von Spieler zu Spieler ist das wichtigste Element im Basketball und die schnellste Möglichkeit, eine Distanz zu überbrücken.
Die Spieler orientieren sich an der Position des Balls sowie seiner Distanz zum Korb und richten ihre Bewegungen unter Berücksichtigung der gegnerischen Akteure danach aus. Der Pass geht nur an Mitspieler, die sich auf dem Weg zum Korb an der richtigen Stelle befinden. Je nach Spielsituation und Spielerpositionierung kommen daher zu jedem Zeitpunkt nur gewisse Pässe in Frage. Ein Pass gilt als sinnvoll, wenn er die Balldistanz zum Korb nicht verlängert und als sicher, wenn er nicht in die Kategorie „2-Linien-Pass“ fällt.

Wie im Abschnitt Videoaufnahmen schon beschrieben, erwies sich für diese Arbeit die Vogelperspektive zum Korb als optimale Einstellung.
Weil es bei dieser Arbeit um die offensiven Bewegungsmuster geht, ist das Defensiverhalten in der Grafikanalyse nicht von Bedeutung.

Bei diesem Spielzug sieht man, dass der Spieler an optimaler Position den Ball bekommen hat und Platz hat, zum Korb zu ziehen. Seine Mitspieler haben sich aus der 3-Sekunden-Zone zurückgezogen.
Er hat aber jederzeit die Möglichkeit den Ball zu passen (gestrichelte Linien)

Seine Mitspieler stehen für ein Anspiel ebenfalls auf ihren Positionen: der Center auf der Freiwurfline, der Point Guard beinahe auf der Helpline, der Shooting Guard auf der anderen Seite in der Verlängerung der Freiwurfline ausserhalb der 3-Punktlinie und der Power Forward in der Verlängerung der Korblinie in der gegenüberliegenden Ecke.
Diese Aufstellung garantiert, dass der ballführende Spieler immer eine Passoption hat, welche die 2-Linien-Passregel nicht bricht.
Der Center bewegt sich in dieser Situation zum Korb, um den Rebound zu sichern, falls der Spieler nicht trifft. Gleichzeitig muss er auch jederzeit mit einem Pass rechnen.

T-Game-Aufstellung

Die T-Game-Aufstellung (heisst so weil die Grundaufstellung an ein „T“ erinnert) hat zum Ziel, dem Shooting Guard den Ball zu passen, aus dieser Position gibt es diverse Varianten wie es weitergeht. Es gibt die mit einem Block vom Center oder Power Forward zum Shooting Guard mit Pick and Roll oder auch mit dem direkten Pass zum Center.

Bei allen Varianten müssen Schlüsselpositionen besetzt sein, damit Pässe durch den ballführenden Spieler möglich sind.

Comments are closed.

Post Navigation